AG Wuppertal: Strafbarkeit des Wardriving

Ein jetzt in der NStZ 2008, 161 veröffentlichtes Urteil Amtsgerichts Wuppertal vom 3.4.2007 (Az. 22 Ds 70 Js 6906/06) behandelt die Strafbarkeit der Nutzung eines fremden (evtl. versehentlich) unverschlüsselt betriebenen WLAN-Netzes – also die Strafbarkeit des sog. Wardriving.

AG Wuppertal, Urteil vom 3. 4. 2007 – 22 Ds 70 Js 6906/06

Näheres zum Urteil bei heise.

Entscheidung des AG: Strafbarkeit des Nutzers wegen Verstoßes gegen §§ 89, 148 TKG, §§ 43 II Nr. 3, 44 BDSG

Bisher wurde Wardriving schon (mehrfach) in der (juristischen) Literatur behandelt:

S. zu diesem Urteil auch (schon mit interessanten Diskussionen):

Die Auffassung des AG Wuppertal stützen Bär, MMR 2005, 434 sowie BeckTKG-Bock, § 89 Rn. 7. Buermeyer hingegen hat die jetzt gezogenen Schlussfolgerungen des AG Wuppertal schon damals als falsch dargestellt.

Wie man sieht, kann man sich über die Auslegung von §§ 89 TKG und § 43 II Nr. 3 BDSG wunderbar streiten. Buermeyer hat überzeugende Argumente gegen eine Strafbarkeit dargetan, Bär und das AG Wuppertal versuchen, konsequent nach einer weiten Wortlautauslegung vorzugehen. Zur Diskussion muss ich weiter wohl nicht beitragen, s. dazu die Links oben sowie die verlinkten Artikel. Viel interessanter ist ja auch die Folge… :

Auswirkungen auf offene/freie Netze?

Für Freifunk und ähnliche Projekte hat dieses Urteil keine Auswirkungen, denn nach § 89 S. 1 TKG dürfen Funkaussendungen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, abgehört werden. Das betrifft also sowohl die Freifunk-SSID (die ja auch durch ihren Namen als offen gekennzeichnet ist) als auch eine eventuell (bei Freifunk-Netzen häufig nicht) eingesetzte DHCP-Lösung. Das bedeutet allerdings nicht, dass die über das Freifunk-Netz (nach dem Einloggen) übertragenen Kommunikationsinhalte abgehört werden dürfen (z.B. dummerweise unverschlüsselt übertragene Passwörter), denn die sind im Grunde eine Unterhaltung zwischen dem Nutzer und dem Zugangspunkt und damit nicht „für die Allgemeinheit bestimmt“. An diesem Beispiel zeigt sich auch, dass der Inhaber des Knotens durch seine Zweckbestimmung die Anwendbarkeit von § 89 TKG bewirkt/bewirken kann.

Sehr interessant ist übrigens weiter, dass das AG Wuppertal die Strafvorschrift des § 44 i.V.m. § 43 II Nr. 3 BDSG anwendet. Vielleicht hat das ja ein wenig Wirkung, denn es gibt eine Vielzahl Fälle, wo man sich genau das wünschen würde…

§ 43 II Nr. 3 BDSG lautet übrigens:

Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig […] unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, abruft oder sich oder einem anderen aus automatisierten Verarbeitungen oder nicht automatisierten Dateien verschafft,

Jedenfalls sieht das AG Wuppertal die IP-Adresse als personenbezogenes Datum an. Diese Auffassung kann ich nur stützen (s. auch schon Diss, S. 306 mit Nachweisen). Allerdings, ob sich der Nutzer nun dieses „nicht allgemein zugängliche Datum“ verschafft bzw. es abgerufen hat, oder ob das AG Wuppertal hier nicht den Bezugspunkt falsch gesetzt hat, ist noch einmal eine andere Frage, die in den anderen Blogs schon ausreichend diskutiert wird.

Update:

Nach Rössel, ITRB 2008, 99, 100 wurde die Einziehungsentscheidung des AG Wuppertal bezüglich des Notebooks vom LG Wuppertal in der Berufung aufgrund Unverhältnismäßigkeit aufgehoben (LG Wuppertal, Urt. v. 29.6.2007 – 28 Ns 70 Js 6906/06 – 107/07).

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4 Gedanken zu „AG Wuppertal: Strafbarkeit des Wardriving

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