Lesetipp: Hornung, Anmerkung zu BGH WLAN (Urt. v. 12.5.2010 – I ZR 121/08: Sommer unseres Lebens), CR 2010, 461

Wenn diese Tage die MMR mit meiner Anmerkung zum Urteil des BGH herauskommt, sind mit der Anmerkung von Hornung in der CR 2010, 461-463 alle größeren Zeitschriften in diesem Bereich mit einer Besprechung dabei gewesen.

Hornung beginnt seine Anmerkung mit einer praktisch vollständigen Aufzähung der bisherigen Literatur – bisher übrigens der einzige, der sich wirklich mit den bisherigen Literaturauffassungen beschäftigt hat. Dann resumiert er die Entscheidung mit dem folgenden Satz:

Der BGH schließt sich unter Zurückverweisung an das OLG Frankfurt der überwiegenden Rechtsprechung an, ohne neue Argumente anzuführen.

Spannend finde ich kurz darauf die Bewertung des Instruments Störerhaftung:

Die Störerhaftung ist insoweit eine materiell-rechtliche Lösung für ein prozessuales Problem, weil sie gerade nicht voraussetzt, dass der Störer direkt an der Rechtsverletzung beteiligt war oder schuldhaft gehandelt hat.

Der Satz …

Die Probleme der Zuverlässigkeit der Ermittlung der IP-Adressen durch private Dienstleister … waren vom Revisionsgericht nicht mehr zu thematisieren, weil das OLG Frankfurt den Einsatz einer zuverlässigen und eingehend überwachten Software festgestellt hatte.

ist allerdings nicht so zu verstehen, dass das OLG Frankfurt erklärt hätte, die eingesetzte Software sei tatsächlich zuverlässig und eingehend überwacht. Das Gericht hatte die dahingehende Behauptung der Klägerin nur augrund Nichtbestreitens des Beklagten als wahr angenommen – hier handelt es sich um sogenannte formelle Wahrheit nach § 138 Abs. 3 ZPO  und gerade nicht um eine Feststellung des Gerichts nach erfolgter Beweisaufnahme (vgl. Thomas/Putzo, 31. Aufl. 2010, § 138 Rn. 13 ff.; s. auch Mantz, MMR 2010, Heft 8, II.6 – erscheint demnächst).

Die tatsächlichen Schwierigkeiten der Urteilsbegründung im Hinblic auf die Verschlüsselung mit einem "Standardpasswort" thematisiert Hornung ebenfalls und geht wohl auch davon aus, dass der BGH glaubte, dass das werkseitig vorgegebene Passwort nicht individualisiert war.

Spannend sind weiter die Praxishinweise von Hornung:

Eine Pflicht zur fortlaufenden Anpassung besteht für Privatpersonen nicht, ist der Sache nach aber anzuraten. Wird der verwendete Verschlüsselungsmechanismus nach und nach unsicher, so besteht nämlich das Risiko, dass, obgleich tatsächlich Dritte den Internetzugang unberechtigt nutzen, ein Gericht wegen der zwar nicht vollständig sicheren, aber immerhin bestehenden Verschlüsselung doch ein Handeln des Inhabers des Routers annimmt.

Ich kann allerdings die Bewertung hinsichtlich Freifunk nicht teilen:

Bedeutung hat die Entscheidung des BGH allerdings für den altruistischen Betrieb offener W-LANs durch die sog. „Freifunk-Community” (s. z.B. Medosch, Freie Netze, 2004), der vom Wettbewerbsrecht nicht erfasst wird, von dem in Zukunft wegen der Risiken der Störerhaftun aber nur abgeraten werden kann.

Denn Freifunk stellt nach meiner Auffassung eine Art "Geschäftsmodell" dar, das der BGH laut seinen Gründen unter eher größeren Schutz stellt. Leider müssen wir für die Klärung dieser Frage aber abwarten…

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