Erste gerichtliche Entscheidung zu Creative Commons-Lizenzen (LG Berlin, Beschl. v. 8.10.2010 – 16 O 458/10)

Das LG Berlin hat als erstes Gericht in Deutschland eine Entscheidung zur Wirksamkeit der Creative Commons-Lizenz gefällt (LG Berlin, Beschl. v. 8.10.2010 – 16 O 458/10, Volltext bei ifross.org).

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren hatte der Antragsgegner ein Foto, das unter der Creative Commons-Lizenz „Attribution ShareAlike 3.0 Unported“ (Lizenztext hier) stand, ohne entsprechende Urhebernennung und Hinweis auf den Lizenztext auf einer Webseite verwendet.

Das Gericht befand dazu:

Da der Antragsgegner das Foto in seiner Internetseite unter Verletzung der genannten Lizenzbedingungen einstellte, handelte es sich um eine nicht von einer Genehmigung der Antragstellerin gedeckte und damit im Sinne des § 97 Abs. 1 UrhG widerrechtliche Verwendung.

Der Unterlassungstenor lautet dementsprechend:

… wird untersagt, die folgende Fotografie zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen, ohne dass entsprechend den Lizenzbedingungen der Creative Commons-Lizenz „Attribution ShareAlike 3.0 Unported“ eine Urhebernennung erfolgt und der Lizenztext oder dessen vollständige Internetadresse in Form des Unified-Resource-Identifiers beigefügt wird.

(Unterstreichung durch Verfasser)

Mit dem Beschluss liegt die erste gerichtliche Entscheidung für CC-Lizenzen in Deutschland vor. Ein vorheriges Verfahren vor dem AG Berlin war vergleichsweise beigelegt worden (dazu hier). Bisher lagen Urteile in Deutschland nur zu den teilweise sehr ähnlichen Klauseln der GPL vor (LG München I MMR 2004, 693; LG Frankfurt a.M. CR 2006, 729; LG Berlin CR 2006, 735; LG München I, Urt. v. 24.7.2007 – 7 O 5245/07). Im Ausland gab es schon eine Reihe Entscheidungen zur Wirksamkeit von Creative Commons-Lizenzen, s. dazu Mantz, Creative Commons-Lizenzen im Spiegel internationaler Gerichtsverfahren, GRUR Int. 2008, 20, außerdem hier.

Meines Erachtens sind drei Dinge an dem (ansonsten sehr kurzen) Beschluss beachtlich:

1. Das Gericht hat – sogar für ein Verfügungsverfahren eher untypisch – mit Ausnahme des oben zitierten Satzes praktisch keine rechtlichen Ausführungen gemacht. Für das Gericht stand daher ganz offensichtlich außer Frage, dass die Creative Commons-Lizenz wirksam vereinbart worden und für sich wirksam sind. Die Lizenzbedingungen sind dementsprechend einzuhalten.

2. Weiter hat sich das Gericht – ohne dies explizit zu betonen – offenbar der herrschenden Meinung zur GPL (s.o.) angeschlossen, dass die in der Lizenz vereinbarte auflösende Bedingung ebenfalls wirksam ist. Nach dieser Bedingung entfällt die Berechtigung zur Verwendung des Werks bei Verstoß gegen die Lizenzbedingungen. Da das Gericht eine Verletzung von § 97 UrhG angenommen hat, weist es den Anforderungen der Creative Commons-Lizenz daher nicht nur schuldrechtliche Wirkung zu.

3. Letztlich ist spannend, dass das Gericht über eine „unported“-Version der Lizenzbedingungen zu befinden hatte. Diese ist an die speziellen deutschen rechtlichen Anforderungen nicht angepasst. Dennoch sind auch diese Lizenzbedingungen offenbar wirksam.

 

Der Beschluss wird auch auf iFrOSS.org besprochen. Vielen Dank für den Hinweis zum Beschluss an Dr. Till Jaeger.

S. auch:

Post teilen / share post: (wird möglicherweise durch Tracking-Blocker geblockt / may be blocked by tracking blocker such as Ghostery)

2 Gedanken zu „Erste gerichtliche Entscheidung zu Creative Commons-Lizenzen (LG Berlin, Beschl. v. 8.10.2010 – 16 O 458/10)

  1. Pingback: Erste gerichtliche Entscheidung zu Creative Commons-Lizenzen (LG Berlin, Beschl. v. 8 - Echte-Abzocke.de

  2. Pingback: Anm. LG Berlin, v. 8.10.2010 – 16 O 458/10: Wirksamkeit der Creative Commons-Lizenzen online - Offene Netze und Recht

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.